Am Sonntagmorgen brachen wir in Elgå auf, um in Richtung Süden zu fahren – allerdings nicht ohne vorher, wir jeden Tag, für eine gute Fahrt zu beten. Unsere Sorge war natürlich die gebrochene Speiche und das Wissen, dass wir ein gutes Drittel der Stecke auf einem Grusvei (Schotterweg) fahren müssen. Unser anvisiertes Ziel war Drevsjø, was aber eigentlich nicht auf unserer direkten Strecke lag. Die Empfehlung mit Drevsjø bekamen wir von dem Studenten im Nationalparkcenter mit dem Hinweis: „Dort gibt es einen Laden, der auch ein paar Sportsachen und eine Werkstatt hat, möglicherweise könnte er eine passende Speiche haben. Alles andere ist viel weiter oder wieder nordwärts…“. Wir dachten uns, dass wir erstmal dorthin fahren, montags schauen, ob der Laden uns helfen kann und dann entscheiden, wie bzw. wohin wir weiterfahren.
Die Fahrt an sich war sehr schön und auch das Stück mit dem Grusvei, welches Jörg mit äußerster Sorgfalt gefahren ist, um das Hintergrad vom Pino zu schonen. Mehrmals querten Rentiere unseren Weg und blieben zum Teil ganz nah bei uns. Das Gebiet um den Femundsee ist der südlichste Bereich der norwegischen Sami und hat daher eine entsprechende Rentierdichte.
Kurz bevor wir in Sorken wieder direkt an den Femundsee kamen, machten wir noch eine Pause und wässerten uns in einem kleinen See. Ja, für hier ist es ein kleiner See, während so ein See in Deutschland wahrscheinlich von einem Strandbad, einem Angelverein und/oder einem Naturschutzverbund in „Obhut“ genommen werden würde und zumindest nicht die Aussicht auf einen freien Zugang bestünde. Hier waren wir die einzigen, die den Rastplatz mit Wasserzugang nutzten.
Nach der Pause rollten wir nichtsahnend durch den „Ort“ Sorken, wobei wir hier von einem Kanuverleih und maximal zehn verstreuten Häusern sprechen, als am Straßenrand ein kleiner Schrottcontainer stand. Über die Brüstung ragten unter anderem ein paar Fahrradteile. „Halt mal an, ich schau mal, vielleicht ist ja …“, und tatsächlich waren drei alte Laufräder, allesamt 26 Zoll, so wie beim Pino, im Container. Die Speichen der Räder hatten drei verschiedene Längen und eine davon war exakt so, wie wir sie brauchten und zu allem Überfluss auch in ähnlich guter Qualität. Gott ist echt gut zu uns!!!
Speichen ausgebaut, gleich noch Ersatz mitgenommen und noch ein paar Kilometer zu einer schönen Stelle direkt am Femundsee gefahren. Den Campingplatz in Drevsjø brauchten wir ja nicht mehr. Die Stelle dort war echt paradiesisch, eine ganze Landzunge für uns alleine! Wir haben nur überlegt, ob wir erst baden, dann Zelt aufbauen und dann das Pino reparieren oder umgekehrt. Im Endeffekt sind wir vorher und nachher baden gegangen. Und, was das Schönste war, die Speiche passt und ich konnte das Rad wieder zentrieren. Wir staunen selbst noch darüber und sind dankbar! Es braucht jetzt keiner mit „Zufall“ oder so kommen.
Am Abend haben wir uns noch mit einer Norwegerin unterhalten, die in einer nahegelegenen Bucht stand und mit 64 in ihrem Wohnmobil durch Norwegen reist. Eigentlich fährt sie am liebsten im Herbst oder Frühjahr, da sie dann ganz alleine an solchen Stellen stehen kann. Sie hat uns ein bisschen aus ihrem Leben erzählt, dass Ihr Mann vor 13 Jahren gestorben ist und ihr Hund einen Monat später. Dass sie ihr ganzes Leben neu organisieren und viel arbeiten musste, jetzt aber Rentnerin ist und anfängt, das Leben zu genießen.
Morgens liefen noch ein paar Rentiere über unseren Platz und so verabschiedeten wir uns von der Femundsmarka, wie immer mit etwas Wehmut. Die Tagesetappe heute war recht lang und heiß, so dass ich irgendwann am frühen Nachmittag die Vision von einem „Erdinger alkoholfrei“ bekam. Ja, was die Werbung so mit einem macht…
Der Weg führte uns heute bis Åkrestrømmen, was am Nordufer des Storsjøen (Übersetzung: großer See) liegt. Eigentlich wollten wir nicht so weit fahren, aber da unsere Lebensmittelvorräte zur Neige gingen und es keinen Laden auf der Strecke gab, waren wir motiviert weiter zu fahren. Zum krönenden Abschluss dieser wirklich kraftzehrenden und langen Etappe hatten wir eine bis zu 12 % steile und kilometerlange Abfahrt – ja, irgendwann muss es ja mal runter gehen – die direkt bei einem Supermarkt endete:
Ein paar hundert Meter weiter stehen wir jetzt auf dem Campingplatz. Auch hier ist übrigens alles sehr trocken und ausgedörrt, durch die vergangenen warmen und regenarmen zwei Monate, wie das Bild von der „Zeltwiese“ zeigt:
Wir sind auf jeden Fall mehr als dankbar für die letzten zwei Tage, und werden es morgen langsam angehen.
Es gibt keine Zufälle. Kann dies aus eigener Erfahrung bestätigen. Freu mich für euch riesig! Weiterhin alles Liebe. Susen
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