Luleå

Sturm war das Substantiv der letzten Nacht. Es war zwar wunderbar klar und hell – die Nächte werden jetzt gar nicht mehr dunkel hier oben – aber der Wind hat am ganzen Auto gerüttelt.

Weitergereist sind wir dann von Piteå nach Luleå. Das „å“ am Ende dieser Städte heißt übrigens immer Fluss oder Strom. In Luleå fließt also der Lule-Fluss, an dem wir jetzt stehen, ins Meer. Und wenn man sich die Städtenamen in dieser Region zwischen Umeå und Luleå anschaut, wird klar wieviel Fluss-Wasser hier ins Bottnische Meer, also den Beginn der Ostsee fließt. Und weil hier soviel Süßwasser reinfließt, es aber nicht so heiß ist und dadurch die Verdunstungsrate niedrig, ist hier oben das Meerwasser fast gar nicht und in der Ostsee nur sehr wenig salzig.

Mit Luleå verbinde ich meinen ersten Flug. Ich bin 1989 nach dem Abi mit meinem Freund Volker auf die Lofoten und nach Tromsø getrampt. Zurück sind wir dann nach Kiruna gefahren und von dort nach Stockholm „Stand by“ geflogen. „Stand by“ ist so etwas Ähnliches wie „Last Minute“ nur noch knapper, da man den Platz nur bekommt, wenn wirklich noch Platz in dem Flieger ist, dafür ist es aber sehr günstig. Damals war es wirklich knapp, da wir die letzten beiden Plätze in einer 12-sitzigen Propellermaschine bekommen haben und die nächste Option erst am Tag danach gewesen wäre…. War auf jeden Fall spannend und bei dem Flug mussten wir in Luleå umsteigen.

Luleå selbst war nur semispannend, da der Sturm uns dort durch die Straßen gefegt hat. Interessant war aber der nachfolgende Besuch in Gammelstad, der Altstadt von Luleå, die 11 km im Landesinneren liegt. Zum einen hat sie eine wunderschöne alte Steinkirche aus dem 14. Jahrhundert – übrigens wieder mit freistehendem Glockenturm, einem Altar, der 1500 in Antwerpen gefertigt wurde und einer wunderbaren Kinderecke – und einen gut erhaltenen Stadtkern mit über 400 kleinen roten Holzhäusern.

Zum anderen ist es interessant (mindestens für mich als Geograf und Hydrologe), dass die Stadt früher am Meer lag und einen Hafen hatte, jetzt aber keine Wasserzugang mehr hat. Durch die skandinavische Landhebung (Fachbegriff: postglaziale isostatische Bodenhebung) entfernte sich der Ort immer weiter vom Meer, so dass er bereits 1649 um besagte 11 km an seinen heutigen Ort verlegt wurde. Die Landhebung ist durch das Abschmelzen des skandinavischen Eispanzers nach der letzten Eiszeit entstanden. Die Masse des Eises drückte die Erdkruste in den Erdmantel; beim Abschmelzen des Eises hoben sich die betroffenen Landstriche wieder nach oben. Dieser Prozess war erst schneller, dauert aber noch an. Zurzeit hebt sich das Land hier noch um 9 mm pro Jahr.

Der Wind hat jetzt schon etwas nachgelassen, dafür ist es recht kalt geworden. Waren es tagsüber noch 12°, so sind es jetzt nur noch 6,3° Außentemperatur.

Waren die ersten Wochen noch Urlaub, so scheint jetzt das Abenteuer zu beginnen. Morgen wollen wir über den Polarkreis und nach Jokkmokk, dem Zentrum der Sami fahren. Dort sind die Temperaturen nachts um den Gefrierpunkt angesagt und an der schwedischen Grenze hat es heute geschneit, sagte uns eine Schwedin… Arktis, wir kommen!


Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s